Technische Druckluft ist in vielen industriellen und gewerblichen Anwendungen unverzichtbar – sei es für pneumatische Antriebe, Fertigungsprozesse, Reinigungsvorgänge oder in Verbindung mit RLT- und Feuerlöschtechnik.. Eine technische Druckluftversorgung in den Qualitätsklassen 3:3:3 (Feststoffe/Staub, Wasser, Öl) nach ISO 8573-1 muss ganzheitlich geplant und umgesetzt werden, um die geforderten Reinheitsgrade für verschiedenste industrielle Anwendungen sicherzustellen. Neben der Erzeugung (Kompressoren, Trockner, Filter, Behälter) und Verteilung (Ringleitungen, Stichleitungen, Materialauswahl) spielen ein umfassendes MSR-Konzept sowie ein zuverlässiges Kondensatmanagement eine zentrale Rolle. Darüber hinaus sind Redundanz und Reserven (z. B. bei Kompressoren) wichtig, um Ausfallsicherheit zu gewährleisten. Wartung und Instandhaltung inklusive klarer Dokumentation sowie fortlaufender Qualitätsprüfung sichern einen langlebigen, wirtschaftlichen und sicheren Betrieb der Anlage. Damit erfüllt die Anlage Anforderungen des Auftraggebers, ermöglicht eine flexible Einbindung zusätzlicher technischer Anlagen (z. B. pneumatische Systeme, RLT-Anlagen, Reinigungsanschlüsse) und stellt eine solide Basis für einen zukunftssicheren und effizienten Druckluftbetrieb dar. Projektspezifische Anpassungen sind vorzunehmen.
ISO 8573-1: Klassifizierung der Druckluftqualitäten in Bezug auf Partikel, Feuchte und Öl. Hier gilt:
Klasse 3 (Feststoffe): 0,1 µm < d < 0,5 µm: nicht definiert
0,5 µm < d < 1,0 µm: < 90.000 Partikel/m³
1,0 µm < d < 5,0 µm: < 1.000 Partikel/m³
Klasse 3 (Wasser): Drucktaupunkt < –20 °C
Klasse 3 (Öl): Gesamtöl-Konzentration < 1,0 mg/m³
Druckbehälterverordnung, DGUV Vorschriften, DIN-/EN-Normen (z. B. für Armaturen, Kompressoren, Rohrleitungen) sowie betriebliche Sicherheitsvorschriften sind zu beachten.
Behördliche Auflagen (z. B. Einleitungskriterien für Kondensat in die Kanalisation), die sich aus wasserrechtlichen oder umweltrechtlichen Bestimmungen ergeben.
Auftraggeber (AG)
Stellt in den Anlagenbeschreibungen (z. B. Teil 3) die grundlegenden Anforderungen an die Versorgung (z. B. Qualitätsstufen, benötigte Volumenströme, Abnahmestellen) zur Verfügung.
Legt den Bedarf an Druckluft je nach Maschinentyp, Prozess und Fertigungstechnik fest.
Gibt Schnittstellen für das Energiemonitoring (Gebäudeleittechnik, zentrale Automationssysteme) vor.
Anlagenerrichter
Plant und liefert die komplette Drucklufterzeugungs- und -aufbereitungsanlage inkl. aller notwendigen Komponenten und Rohrleitungen bis zu den definierten Anschlussstellen.
Gewährleistet die Einhaltung der geforderten Qualität (3:3:3) und übernimmt die Integration in die übergeordnete Automationsumgebung.
Führt sämtliche Prüfungen (z. B. Druckprobe, Leckageprüfung, Qualitätsmessung) durch und dokumentiert diese.
Aufbau und Funktionsweise der Drucklufterzeugung
Ansaugfilterung: Grobfilterung der Umgebungsluft (z. B. Staub- oder Schwebstofffilter), um Verunreinigungen vor dem Kompressor zu minimieren.
Kompressor: Abhängig vom Einsatz: öleingespritzte oder ölfreie Schrauben- oder Kolbenkompressoren.
Auslegung anhand Volumenstrom (m³/min oder l/s) und Druckbedarf (z. B. 8 bar, 10 bar etc.).
Reserve bzw. Redundanzkompressor kann erforderlich sein, um Spitzenlasten abzudecken oder Wartung zu ermöglichen.
Zyklonabscheider: Trennung von größeren Flüssigkeits- und Öltropfen unmittelbar nach dem Verdichtungsprozess.
Kältetrockner: Senkung des Drucktaupunkts auf < –20 °C. Bei noch strikteren Anforderungen (z. B. bei sehr niedrigen Taupunkten < –40 °C) kann ein Adsorptionstrockner notwendig sein.
Koaleszenz-Vorfilter: Entfernt feinere Öl- und Wassertröpfchen vor dem Druckluftbehälter, reduziert den Restölgehalt signifikant.
Druckluftbehälter: Pufferung und Glättung von Druckschwankungen. Dient außerdem zur Kondensatabscheidung in Verbindung mit automatischen Ableitern.
Koaleszenzfilter: Abschließende Feinfilterung, um die Klasse 3 bzgl. Öl (max. 1,0 mg/m³) und Partikel zu gewährleisten.
Druckhaltesystem (DHS): Stellt sicher, dass der Systemdruck im nachgeschalteten Netz konstant bleibt und vermeidet Ausblasen bei sprunghaften Druckabnahmen im Netz.
Kondensatmanagement: Automatische Drain-Systeme mit einer zentralen Sammlung in einem Vorlagebehälter. Bei ölhaltigem Kondensat: Einsatz eines Öl-Wasser-Trenners zur Einhaltung behördlicher Einleitgrenzen.
Ringsysteme
Hauptverteilung je Qualitätsklasse als Ring. Diese Bauweise verbessert die Versorgungssicherheit, verhindert „Sackgassen“ und ermöglicht gleichmäßigen Druck.
Berücksichtigung ausreichender Dimensionierung, damit der Druckverlust bis zur entferntesten Abnahmestelle minimal bleibt (z. B. < 0,5 bar Druckabfall im Betriebsbereich).
Stichleitungen
Abzweige in einzelne Räume, Labore oder Fertigungsinseln ab dem jeweiligen Verteilerring.
Leitungsenden grundsätzlich mit Kappenabschlüssen, damit bei zukünftigen Erweiterungen keine zeitaufwändigen Systemeingriffe nötig sind.
Material und Korrosionsschutz
Mögliche Rohrwerkstoffe: Edelstahl (V2A/V4A), Aluminium-Systeme, verzinkter Stahl oder Kunststoffverbundrohre (je nach Druck, Temperatur und Medium).
Erdverlegte Leitungen sind besonders gegen äußere Korrosion zu schützen (Schutzrohre, Ummantelung, ggf. kathodischer Korrosionsschutz).
Leitungsdämmung
Insbesondere bei erdverlegten oder in kalten Bereichen verlaufenden Leitungen ist auf Dämmung zu achten, um Kondensatbildung und Wärmeverluste zu minimieren.
Spül- und Entleerungsmöglichkeiten
Bauseitige Spülanschlüsse und Entleerungen sind vorzusehen, um Montage-Rückstände auszuspülen und Wartungsmaßnahmen zu erleichtern.
Zentraltableau
Bedienelemente und Visualisierung in einem zentralen Schaltschrank (häufig in der Energiezentrale).
Schlüsselschaltung zur allgemeinen Freigabe (LED-Anzeige grün „EIN“, rot „STÖRUNG“).
Getrennte Druckknopftaster (EIN/AUS) je Qualitätslinie mit LED-Anzeige (grün/rot).
Übergeordnete Automationsanbindung
Schnittstellen (z. B. BACnet, Modbus, KNX) zum Gebäudeleitsystem oder Energiemonitoring.
Erfassen und Dokumentieren von Betriebsparametern (Druck, Durchfluss, Taupunkt, Restölgehalt, Energieverbrauch).
Regelungsstrategien
Last-/Leerlauf-Regelung oder Drehzahlregelung der Kompressoren.
Automatische Zuschaltung von Reservekompressoren bei Spitzenlast.
Störmeldungen und Alarmierung
Sammelstörmeldung im Zentraltableau und im Leitsystem.
Möglichkeit zur Fernwartung oder zur automatischen Benachrichtigung (z. B. E-Mail, SMS) bei kritischen Störungen.
Redundanz, Reserven und Ausfallsicherheit
Parallele Kompressoren: Im Falle eines Ausfalls kann ein zweiter Kompressor die Versorgung aufrechterhalten.
Planung von ausreichend dimensionierten Druckbehältern zur Pufferung bei Lastspitzen.
Bypass- und Umschaltmöglichkeiten: Wartungsarbeiten an Trocknern, Filtern oder Kompressoren können durchgeführt werden, ohne den gesamten Betrieb zu stoppen.
Reserveleistung: Empfehlung: 10–20 % zusätzliche Kapazität für Spitzenlasten oder mögliche Erweiterungen vorsehen.
Wartungsintervalle
Festlegung projektindividueller Intervalle (z. B. jährlicher Service für Kompressoren, halbjährlicher Filterwechsel).
Berücksichtigung von Herstellerangaben (z. B. Betriebsstundenzähler, Alarmmeldungen).
Dokumentation und Schulung
Sämtliche Prüf- und Wartungsprotokolle werden im Betriebsbuch hinterlegt.
Schulung des Betriebspersonals in Bedienung, Störungsbeseitigung und präventiver Wartung.
Einweisung in die zentrale Steuerung und Automationssysteme.